Die EU wird 60: ein Neuanfang

23.03.2017 10:52

Die EU wird 60: ein Neuanfang

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Wo stehen wir 60 Jahre nach der Unterschrift der Römischen Verträge und wie soll es weitergehen? Auf Einladung des italienischen Außenministers Angelino Alfano und unter der Schirmherrschaft der De-Gaspari-Stiftung, diskutiert Viviane Reding heute mit 5 weiteren Vertretern der Gründerstaaten, unter anderem mit dem ehemaligen französischen Staatspräsident Valéry Giscard d’Estaing, über die Zukunft der Europäischen Union. Anlässlich des 60. Jahrestages ruft die ehemalige Vizepräsidentin der Europäischen Kommission dazu auf, bisherige Erfolge zu feiern und Reformen für die Zukunft anzustoßen.

"Vor 60 Jahren haben die Gründerväter der EU den Kontinent befriedet, indem sie die Schlachtfelder durch gemeinsame Institutionen ersetzt und damit den Grundstein für die größte Wirtschafts- und Handelsmacht der Welt gelegt haben", erklärte sie. Laut einer Umfrage des französischen Meinungs- und Marktforschungsinstituts IFOP[1] nach dem Brexit-Referendum hat der Anteil der Bürger, die die Mitgliedschaft ihres Landes in der Europäischen Union positiv bewerten zwischen Januar 2014 und Juli 2016 in Frankreich um 19 Prozentpunkte zugenommen (und damit 67% erreicht), in Deutschland um 18 Prozentpunkte (81%), in Belgien um 10 (75%), in Spanien um 9 (81%) und in Italien um 4 (59%). Viviane Reding betrachtet dies als Zeichen dafür, dass die Bürger spürbar von Europa profitieren: "60 Jahre nach den Römischen Verträgen ist die Europäische Union nicht erstarrt, sie entwickelt sich weiter, modernisiert sich und erfüllt weiterhin die Erwartungen der Europäer, indem sie zum Beispiel den Schutz ihrer Außengrenzen verstärkt, um die Sicherheit und Freiheit der Bürger zu gewährleisten. Ich habe diese Doppelmoral satt, der zufolge Europa für alles Schlechte verantwortlich ist und den nationalen Regierungen alle Erfolge zugeschrieben werden. Lassen Sie uns in diesem Jahr, das das Ende der Roaminggebühren und das 30. Jubiläum des Erasmus-Programms markiert, stolz auf unsere Einheit sein und gemeinsam unsere Vielfalt feiern. Europa gehört Ihnen! Wir alle sind Europa!"

Einer Umfrage des Eurobarometers aus dem Jahr 2016 zufolge, sind die Bürger Europas der Ansicht, dass sich die EU noch mehr im Kampf gegen den Terrorismus (82%), gegen Arbeitslosigkeit (77%) und gegen den Klimawandel (67%)[2] engagieren sollte. Viviane Reding ist der Meinung, dass man der EU dafür die entsprechenden Mittel zur Verfügung stellen sollte und macht folgende konkrete Vorschläge: "Lassen Sie uns eine Europäische Sicherheits- und Verteidigungs-Union schaffen, mit einem europäischen Geheimdienst, einer Europäischen Staatsanwaltschaft und gemeinsamen Verteidigungskapazitäten. Lassen sie uns das Europa des Wohlstands mit einem würdigen Haushalt, das Europa der Freiheit, in dem Europäische Fonds an den Respekt europäischer Werte und des Unionrechts geknüpft sind, und das Europa der Demokratie mit einem direkt gewählten Präsidenten neu erfinden."

Um das zu erreichen, schlägt die Europaabgeordnete das Modell eines Kerneuropas mit konzentrischen Kreisen vor, das 1994 von Wolfgang Schäuble und Karl Lamers vorgelegt wurde. Weder eine albtraumhafte Rückkehr zu einem Europa der Nationalstaaten noch die idealistische Verwirklichung der Vereinigten Staaten von Europa - stattdessen empfiehlt Viviane Reding nüchtern und aus ihrer Erfahrung heraus: "Europa muss sich um einen harten Kern von Staaten neu ordnen, die bereit sind, sich zu einem echten politischen, sozialen und wirtschaftlichen Europa weiterzuentwickeln. Dieser Kern ist von anderen Mitgliedsstaaten umgeben, die sich nur in einigen klar begrenzten politischen Bereichen engagieren, und von einem Kreis von Freunden, die vieles, aber nicht die Institutionen teilen. Schluss mit der Rosinenpickerei! Bahn frei für ein Europa der Verpflichtungen, wo man sich zwischen einem ehrgeizigen politischen Projekt oder einem auf den Binnenmarkt beschränkten Europa entscheidet und dann dabei bleibt. Von Joseph Bech bis Pierre Werner war Luxemburg immer einer der Motoren der europäischen Integration. Es ist unsere Pflicht dieser Vorreiterrolle im Geiste Europas treu bleiben!"

Abschließend bemerkt sie: "Nicht alle Wege führen nach Rom. Lassen Sie uns den richtigen Weg einschlagen, damit künftige Generationen wieder in die ewige Stadt kommen werden, um auch den 100. Geburtstag einer immer sichtbareren und handlungsfähigeren Union zu feiern. Ihre Souveränität - damit meine ich ihre Fähigkeit, ihre eigenen Regeln aufzustellen und ihr Schicksal zu bestimmen – hängt davon ab."

[1] http://www.ifop.com/media/poll/3442-1-study_file.pdf

[2] http://www.europarl.europa.eu/external/html/eurobarometer-062016/default_fr.htm

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