Karas: "Rascher Ausstieg aus russischem Gas ist machbar, handeln wir jetzt"

28.02.2024 15:07

Karas: "Rascher Ausstieg aus russischem Gas ist machbar, handeln wir jetzt"

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Die hier geäußerten Meinungen sind Ansichten der nationalen Delegation und entsprechen nicht immer den Ansichten der ganzen Fraktion

Pipelines

Straßburg. "Wir dürfen nicht länger viele Millionen Euro aus Österreich nach Russland überweisen und damit den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine finanzieren, der nun schon zwei Jahre dauert. Deshalb müssen wir so schnell wie möglich raus aus dem Vertrag der OMV mit Gazprom. Schon Ende 2024 erhalten wir dafür wohl eine neue Chance, die wir unbedingt nutzen müssen. Die Versorgungssicherheit ist auch ohne russisches Gas bis Ende 2025, wenn nicht sogar bis 2026 sichergestellt. Wir können und müssen jetzt handeln und die Weichen für den Ausstieg aus russischem Gas stellen, das ist machbar und den Österreicherinnen und Österreichern droht dadurch keine Gefahr", sagt Othmar Karas, Erster Vizepräsident des Europaparlaments, in einem gemeinsamen Pressegespräch mit Ex-OMV-Generaldirektor Gerhard Roiss. Zudem plädiert Karas für den Ausbau der Gas- und Wasserstoff-Infrastruktur in Österreich und einen echten EU-Energiebinnenmarkt. Der werde just von Deutschland torpediert, warnt Karas - mit millionenschweren Exportabgaben für Gas an Österreich und andere benachbarte EU-Mitgliedstaaten.

 

Die Versorgungssicherheit ist auch ohne russisches Gas bis Ende 2025, wenn nicht sogar bis 2026 sichergestellt.
Othmar Karas MEP

 

Immer noch kommen rund 98 Prozent der österreichischen Gasimporte aus Russland. Roiss, der die Strukturen der Verträge der OMV mit Gazprom gut kennt, bestätigt die vorläufige Versorgungssicherheit und, dass der zeitnahe Ausstieg aus russischem Gas umsetzbar ist und schon Ende 2024 eingeleitet werden kann: "Wir haben zurzeit ausreichend Gas in Europa. Der Verbrauch ist in Österreich deutlich zurückgegangen und zum Ende des Winters sind die Gasspeicher noch zu 70 Prozent gefüllt. Das war in den letzten Jahren nie der Fall. Zudem ist der Gaspreis in etwa auf dem Vorkrisenniveau. Es ist daher ein günstiger Zeitpunkt, den Ausstieg aus russischem Gas vorzubereiten. Als Zeitpunkt für die Unabhängigkeit von Gas aus Russland ist der EU-Plan bis 2027 realistisch und machbar. Schon ab Ende 2024 könnten wir den Ausstieg aus den Verträgen einleiten, weil Russland diese nicht mehr "frei Haus bis Baumgarten" erfüllen kann, wenn die Ukraine wie erwartet den Transitvertrag für russisches Gas nicht verlängert. Wir brauchen dafür jetzt eine politische Entscheidung für einen klaren Zeitplan für den Ausstieg und müssen zeitnah die notwendigen Maßnahmen einleiten."

Scharfe Kritik an deutscher Gas-Exportabgabe

Karas betont, dass für die Zukunft einer zuverlässigen Energieversorgung dringend ein echter EU-Energiebinnenmarkt geschaffen werden müsse: "Wir müssen eine starke Einkaufsmacht aufbauen durch einen regelmäßigen gemeinsamen Gaseinkauf als Europäische Union. Dafür gilt es, zusammenzuarbeiten und nicht, seine EU-Nachbarstaaten zu schikanieren und abzukassieren. Das macht Deutschland derzeit mit seiner Gasspeicherumlage, also de facto einer EU-internen Exportabgabe auf Gas. Von Oktober 2022 bis Dezember 2023 hat uns das als Österreich bereits 39 Millionen Euro gekostet. Die EU-Kommission muss das dringend prüfen und unterbinden, das widerspricht den Regeln des Binnenmarkts und beschädigt den so bitter benötigten Energiebinnenmarkt, den wir für eine zuverlässige und leistbare gemeinsame Energieversorgung in Zukunft ausbauen müssen."

"Schließlich müssen wir die Infrastruktur unter Hochdruck ausbauen für die Zeit ohne russisches Gas", sagt Karas. "Das beginnt bei der West-Austria Gas Pipeline, von der 40 Kilometer Ausbau in Oberösterreich fehlen. Das ist ein verhältnismäßig kleines Bauprojekt, das unerlässlich für unsere Versorgung ist, wenn wir Ende 2024 kein Gas mehr aus Russland bekommen."

Roiss erklärt: "Das Projekt könnte bis Ende 2025 realisiert werden. Österreich muss sofort handeln und die Netzlücke schließen. Hier geht es nicht nur um Fragen wie Gas aus Russland, sondern schlicht um Risikomanagement. Wenn wir zu wenig Gas in Mitteleuropa haben, dann drohen die Preise erneut zu explodieren und das können wir den Verbrauchern nicht zumuten."

Karas schließt: "Viele wissen immer noch nicht, dass wir schon vor einem Jahr die Möglichkeit gehabt hätten, aus den Gas-Verträgen mit Russland auszusteigen, als Gazprom nicht mehr die vereinbarte Menge geliefert hat. Lassen wir nicht noch eine Option verstreichen, kündigen wir die Gasverträge mit Russland, wenn die Ukraine wie erwartet ihrer Durchleitungsverträge per Ende 2024 nicht verlängert."

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