EU-Parlament: Türkei muss sich aktiv an Aufklärung zu Massengräbern auf Zypern beteiligen

12.02.2015 10:27

EU-Parlament: Türkei muss sich aktiv an Aufklärung zu Massengräbern auf Zypern beteiligen

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Das Europäische Parlament verurteilte heute die mutmaßliche Beteiligung der Türkei beim Verschwinden von sterblichen Überresten von vermissten Personen auf Zypern und fordert sie auf, sich aktiv an der Aufklärung der Vermisstenfälle zu beteiligen. Die ständige Türkei-Berichterstatterin der Christdemokraten im Europäischen Parlament, Dr. Renate Sommer, MdEP (CDU), begrüßt die Entscheidung und übt Kritik an der Haltung der Türkei:

"Das Schicksal von Tausenden verschwundenen Personen in Folge der Bürgerkriegswirren 1963/64 und nach dem Einmarsch der türkischen Armee 1974 ist ein trauriges Kapitel in der Geschichte des EU-Mitgliedstaates Zypern. Bis heute werden noch immer 2.001 Menschen vermisst – 1.508 griechische und 493 türkische Zyprer.

Am 14. August 1974 wurde das Dorf Assia von der türkischen Luftwaffe bombardiert. Die Überlebenden wurden anschließend durch türkisches Militär zwangsevakuiert. Seitdem werden 106 Einwohner des Dorfes im Alter zwischen 11 und 84 Jahren vermisst. Das "Komitee für vermisste Personen auf Zypern", das aus EU-Mitteln unterstützt wird, veranlasste 2009 eine Suchaktion in der Umgebung von Assia, wobei vier Grabstätten ausgehoben wurden. Bei zweien handelte es sich um Brunnen, die sich als Massengräber herausstellten. DNA-Tests haben bestätigt, dass es sich bei den sterblichen Überresten um 71 Zivilisten aus Assia handelt. Es besteht Grund zu der Annahme, dass die beiden Massengräber in der Vergangenheit bereits schon einmal ausgehoben worden waren, wobei der Großteil der Überreste entfernt und an einen unbekannten Ort verbracht wurden. Es gibt Gerüchte auf Zypern, dass die Überreste ins Meer geworfen wurden, um zu verschleiern, dass diese Menschen exekutiert wurden. Jedenfalls wird den Familien der Vermissten auch nach Jahrzehnten noch verwehrt zu erfahren, was ihren geliebten Angehörigen zugestoßen ist. Das ist eine menschliche Tragödie. Das Europäische Parlament verurteilt diese Umlagerung als große Respektlosigkeit gegenüber den Toten und ihren Familien. Wir fordern die türkische Regierung auf, ab sofort keine Überreste mehr aus Massengräbern zu entfernen und dem humanitären Völkerrecht Rechnung zu tragen.

Für viele Zyprer ist die quälende Ungewissheit über das Schicksal ihrer Angehörigen eine lebenslange Bürde, die die Aussöhnung auf der geteilten Insel bis heute erschwert. Noch immer sind längst nicht alle Toten gefunden. Dies liegt ganz wesentlich daran, dass das türkische Militär den Zugang zu seinen Sperrzonen verweigert, die immerhin 60 % der Fläche des besetzten Nordteils Zyperns ausmachen. Gerade dort aber befinden sich Massengräber. Bereits mehrfach haben wir die Türkei aufgefordert, sich ihrer Verantwortung zu stellen. Sogar der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat angeordnet, dass die Türkei, die den Nordteil Zyperns de facto als Besatzungsmacht beherrscht, untersuchen muss, wo sich die Vermissten befinden und was ihnen zugestoßen ist. Darüber hinaus verstößt die Türkei nach wie vor gegen Artikel 2 (Recht auf Leben) und Artikel 5 (Recht auf Freiheit und Sicherheit) der Menschenrechtskonvention, da die Regierung keine wirksame Untersuchung des Verbleibs der vermissten griechischen Zyprer angestellt hat. Außerdem verstößt sie gegen Artikel 3 (Verbot unmenschlicher oder erniedrigender Strafe), da sie angesichts der berechtigten Anliegen der Angehörigen nach wie vor schweigt. Das ist eine Unmenschlichkeit!"

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